Navigation

Aktuelles

„Die Vielfalt ist eine der Besonderheiten der Stiftung“

Pater Dr. Gianluca Carlin

Neuer Stiftungsvorsitzender Pater Dr. Gianluca Carlin im Gespräch mit Ayla Jacob

Seit wenigen Wochen ist Pater Gianluca leitender Pfarrer in Bad Godesberg – und damit auch Vorsitzender der Bürgerstiftung Rheinviertel. Wie er deren Arbeit erlebt hat, wie sehr er das Engagement der Menschen bewundert und wie er sich selbst einbringen möchte, verrät er im Gespräch mit Ayla Jacob.

 

Wie haben Sie die ersten Wochen als Vorsitzender der Bürgerstiftung Rheinviertel erlebt?

Ich habe die Möglichkeit gehabt, den Vorstand und auch einige Mitarbeiter der Stiftung kennenzulernen. Meine ersten Eindrücke sind sehr positiv. Ich erlebe sehr engagierte Menschen, die sich sehr stark mit „ihrer“ Bürgerstiftung Rheinviertel identifizieren. Die sich mit viel Kraft und Energie einsetzen und die wirklich versuchen, angemessene Antworten auf die Fragen dieser Zeit und auf die Bedürfnisse der Menschen vor Ort zu geben. Mir ist außerdem positiv aufgefallen, wie vielseitig die Stiftung ist. Es gibt sehr viele verschiedene Projekte und Initiativen – von den Kindern in den Kitas bis hin zu den Alten und Kranken. Gerade diese vielseitige Arbeit imponiert mir wirklich sehr.

 

Was macht die Stiftung zu etwas Besonderem?

Die Vielfalt ist mit Sicherheit eine der Besonderheiten der Stiftung. Man ist tätig geworden, um Kindergärten zu retten und zu erhalten. Als das gelang, hat man aber nicht aufgehört. Man hat nicht die Hände in den Schoß gelegt, sondern ist weitergegangen und hat andere Herausforderungen in Angriff genommen. Daraus entstanden sind Projekte wie der ambulante Palliativdienst oder die Demenzhilfe. Das ist definitiv etwas ganz Besonderes.

 

Wie bewerten Sie die Arbeit der Bürgerstiftung?

Die Arbeit, die hier von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern geleitet wird, ist sehr professionell und sehr engagiert. Dabei geht es nicht nur darum, die Projekte zu betreiben. Es geht den Menschen auch darum, andere zu erreichen – und zwar vor Ort, in den Stadtteilen. Um ihnen die Arbeit der Stiftung zu vermitteln. Ziel ist nicht nur, die Finanzierung zu sichern, Förderer und Spender zu finden. Es geht vielmehr darum, andere mit ins Boot zu holen und zu zeigen, dass jeder Beitrag wichtig ist. Das gelingt sehr, sehr gut.

 

Haben Sie etwas Ähnliches in anderen Gemeinden kennengelernt?

Fördervereine, die bestimmte Projekte in Gemeinden unterstützen, habe ich viele kennengelernt. Aber eine Initiative in dieser Form, die von so vielen Menschen engagiert getragen wird, ist mir so noch nie begegnet. Ehrlich gesagt, habe ich nicht einmal davon gehört, dass es etwas Vergleichbares gibt.

 

Haben Sie Pläne für die Stiftung?

Ich bin gerade erst angekommen und lerne alles kennen. Da kann ich schlecht sagen, was ich für die nächsten Jahre planen würde. Was ich aber möchte ist, dass die Arbeit weitergeführt wird. Außerdem fände ich es sinnvoll, wenn einige Bereiche weiter ausgebaut würden. So hat mich zum Beispiel die Arbeit der Palliativschwestern tief beeindruckt, ich war überwältigt. Ähnliches kann ich auch von der Demenzhilfe sagen. Darüber hinaus gibt es meiner Meinung nach brennende, gesellschaftliche Themenkomplexe, in denen die Stiftung aktiv werden könnte – zum Beispiel in der Bildung, der Erwachsenenbildung oder der Integration.

 

Ist die Corona-Krise eine Belastung für die Arbeit?

Die Corona-Krise ist eine große Belastung für die Arbeit, und das in allen Bereichen. Eine Stiftung lebt von persönlichen Kontakten, sie lebt von Initiativen und Veranstaltungen. All das ist im Moment stark eingeschränkt oder schlicht nicht möglich. Ich bin positiv erstaunt, wie viele Menschen trotz allem der Stiftung treu bleiben und sie weiter unterstützen – sei es mit einer Spende, sei es mit ihrem ehrenamtlichen Einsatz. Das ist ein richtig gutes Zeichen, nach mehr als einem Jahr eingeschränkter Aktivitäten. Aber ich denke, dass es noch tiefer geht. Wenn sich alles wieder ein wenig normalisiert, wird noch ein Thema auf uns zukommen, das auch zum Thema für die Stiftung werden könnte: Im Moment steht der Gesundheitsschutz im Mittelpunkt, aber welche Folgen die Krise - für Kinder und Jugendliche, aber auch für alle anderen und uns selbst – haben wird , dieser Herausforderung werden wir noch stellen müssen. Damit umzugehen, diese neuen Probleme gemeinsam in unserem Viertel zu bewältigen, wird zur neuen Aufgabe werden.

 

Sollte jede Gemeinde eine Bürgerstiftung haben?

Es wäre sehr schön, wenn es vergleichbare Initiativen häufiger geben würde. Aber ich denke, dass die Bürgerstiftung Rheinviertel etwas Einmaliges ist. Sie ist aus der Bürgerschaft entstanden. Menschen haben sich auf Initiative des heutigen Stadtdechanten zusammengefunden, um das Leben in ihrem eigenen Umfeld zu gestalten. Sie haben Mitstreiter gesucht und andere von ihrer Arbeit, ihren Zielen und ihrem Anliegen überzeugt. So ist ein Stein ins Rollen gekommen. Es wäre wünschenswert, wenn jede Gemeinde eine Bürgerstiftung oder etwas Ähnliches hätte. Aber ich glaube nicht, dass man so etwas vorschreiben kann.

 

Wie können Sie sich persönlich einbringen?

Zum einen bin ich als Pfarrer Vorsitzender der Bürgerstiftung Rheinviertel. Deswegen gehören zu meinen Aufgaben zum Beispiel die Führung des Vorstands und auch das alltägliche Geschäft. Zum anderen aber ist es mir ein Anliegen, mich persönlich einzubringen. Ich möchte das Engagement der Menschen unterstützen und fördern. Es ist eine Freude, eine Arbeit zum Wohle der Gesellschaft hier vor Ort zu leisten. Außerdem ist mir wichtig, gemeinsam mit anderen Mitstreitern zu überlegen, welchen weiteren Beitrag wir für Bad Godesberg und die Menschen, die hier leben, leisten können.

 

Was wünschen Sie der Bürgerstiftung?

Ich wünsche der Bürgerstiftung viele Stifter, viele Spender und viele Förderer. Aber noch viel mehr wünsche ich ihr Menschen, die sich engagieren. Die den Wunsch haben, das gesellschaftliche Leben mitzugestalten, die ihre Talente, Ideen und Fragestellungen einbringen wollen. Die ein waches Auge für die Bedürfnisse ihrer Mitmenschen im Stadtviertel haben und die bereit sind, kreative und positive Antworten zu geben. Mit denen man gemeinsam Probleme angehen und mit denen man gemeinsam das Leben vor Ort gestalten kann. Also eigentlich wünsche ich ihr viele weitere Menschen, die so sind wie diejenigen, die sich bereits in der Bürgerstiftung Rheinviertel engagieren.

 

Bild: © Ayla Jacob


Interview-Kurzfassung als Video